14.10.2024 In: Strafrecht
Verfassungsbeschwerde wegen Nicht-Neufestsetzung der Strafen wegen Cannabistaten nach Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes
In einem Fall der Weigerung der brandenburgischen Justiz, eine Verurteilung wegen des Handels mit THC-haltigen BTM, der nicht bandenmäßig erfolgte, an die Strafzumessungen des KonsumcannabisG anzupassen, haben wir am 11. Oktober 2024 Verfassungsbeschwerde erhoben.
Der Verurteilte ist wegen der Einfuhr von 200 und 180 kg Marihuana zu Einzelstrafen von 4 und 3 Jahren und 9 Monaten bei Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden. Das Landgericht hat keinen minder schwerenFall angenommen. Er hat am 08. April 2024 gem. Art. 313 EGStGB beantragt, die Strafe neu zuzumessen, weil sich der Strafrahmen für die abgeurteilte Taten nach dem KcanG verändert hat.
Der Inhaftierte hat sich des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG schuldig gemacht. Die Strafe entnahm das Landgericht dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG. Der Strafzumessung ieS sei nicht der Strafrahmen eines minder schweren Falles gemäß § 29a Abs. 2 BtMG zugrunde zu legen.
Eröffnet war damit ein Strafrahmen von einem Jahr bis 15 Jahren. Das Landgericht hat innerhalb dieses Strafrahmens auf eine Einzelstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten für die erste Tat und 4 Jahren für die zweite Tat erkannt.
Das Landgericht hat also von dem eröffneten Korridor von 14 Jahren = 168 Monaten (Höchststrafe abzgl. Mindeststrafe) 27% im ersten Fall (Strafkorridor von 168 Monaten, erkannt sind 45 Monate im ersten Fall, im zweiten Fall 30 % (bei 48 Monaten) ausgeschöpft.
Nach der seit dem 1. April 2024 geltenden Rechtslage wäre die Tat strafbar gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG, § 27 StGB.
Eröffnet wäre danach lediglich ein Strafrahmen von 3 Monaten bis 5 Jahren, oder ein Strafkorridor vom 57 Monaten, mithin ein Drittel der nach der alten Strafandrohung zu erkennenden Strafe.
Die vom Landgericht erkannte Einzelstrafe wäre nach heutiger Rechtslage nicht mehr zu erreichen gewesen. Werden von dem inzwischen gegebenen Sanktionskorridor 30% ausgeschöpft, ergibt sich eine Freiheitsstrafe für die erste Tat von von 12 Monaten, für die zweite Tat eine Freiheitsstrafe von 13 Monaten. Daraus wäre eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden gewesen, die aller Voraussicht nach hätte zur Bewährung ausgesetzt werden können angesichts der Feststellungen des Gerichts zur Strafzumessung: Geständnis, länger zurückliegende Tat, erstbestraft etc.
Das Landgericht Neuruppin und Oberlandesgericht Brandenburg haben die begehrte Strafanpassung abgelehnt, weil das KCanG dies nicht vorsehe.
Die Verfassungsbeschwerde vom 11. Oktober 2024 stützt der Beschwerdeführer auf Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 104 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip. Art. 104 Abs.1 S. 1 GG erlaubt eine Freiheitsbeschränkung nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes. Das BtMG ist - bezüglich des Umgangs mit Cannabis - zum 01. April 2024 aufgehoben worden, der Gesetzgeber stützt dies auf eine geänderte Risikobewertung der Gefährlichkeit des gehandelten Stoffes.
Die Einzelstrafen, bislang 3 Jahren und 9 Monaten für die erste Tat (=45 Monate) wären nach der heutigen Rechtslage des KcanG mit ca 12 Monaten, die zweite, bislang 4 Jahre (= 48 Monate) mit 13 Monaten sanktioniert worden. Aus den Einzelstrafen von insgesamt 93 Monaten nach BtMG hat die Kammer seinerzeit eine Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren 6 Monaten, das sind 66 Monate gebildet, also die Summe um ca. 1/3 reduziert. Die aus den Einzelstrafen von 12 und 13 Monaten nach KcanG, das sind in Summe 25 Monaten zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe läge demzufolge, um 1/3 reduziert, bei ca. 17 bis 18 Monaten. Verbüßt hat der Beschwerdeführer derzeit 47 Monate. Das zeigt , daß der Beschwerdeführer jedenfalls die Sanktion, die nach der geltenden Rechtslage zu erkennen wäre, längst verbüßt hat.
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die Auslegung der Normen des KCanG durch die Gerichte gegen Art. 2 Abs.2, 104 GG und das Rechtsstaatsprinzip verstößt. Hätte er eine schnelle Verfahrensbeendigung nicht durch sein Geständnis ermöglicht, und wäre Rechtskraft der Verurteilung erst nach dem 01. April 2024 eingetreten, so hätte der BGH im Rahmen der Revision die Strafe entsprechend reduziert, weil nach ständiger Rechtsprechung des BGH bei nicht rechtskräftig erkannten Strafen nach altem BtMG wegen der Absenkung des Strafrahmens durch den Gesetzgeber, der im Vergleich zu den dem BtMG unterstellten Suchtstoffen ein geringeres Unwerturteil über die mit Strafe bedrohten Taten zum Ausdruck gebracht hat, wenn sich diese auf Cannabis beziehen (vgl. BT-Drucks. 20/8704, S. 131 f.) der veränderten Gesetzeslage im Rahmen der Strafzumessung Rechnung zu tragen ist.
RA Johannes Eisenberg 14.10.2024