23.11.2023 In: Medien- und Presserecht

Autorin Shibli scheitert mit Verbotsantrag gegen die taz

Die palästinensisch-stämmige Autorin Adania Shibli ("Eine Nebensache") hat versucht, beim LG Hamburg ein Verbot mehrerer Textstellen in dem kritischen Artikel "Schatten auf der Buchmesse" in der taz vom 11.10.2023 zu erwirken. Die taz hat sich gegen das verlangte Verbot gewandt, weil sie die Freiheit der Literaturkritik gefährdet gesehen hat.

Sie wollte u.a. die folgende Aussage verbieten lassen: „In diesem Kurzroman sind alle Israelis anonyme Vergewaltiger und Killer, die Palästinenser hingegen Opfer (…). Die Gewalt gegen israelische Zivilisten kommt wohl auch deshalb nicht vor, weil sie als legitimes Mittel im Befreiungskampf gegen die Besatzer gilt. Das ist die ideologische und auch menschenverachtende Basis des Buchs, (…)“

Das Gericht hat mit Beschluss vom 21.11.2023 ihren Antrag zurückgewiesen, weil es sich um eine zulässige Meinungsäußerung handele. Literaturkritik dürfe zuspitzend werten, und es könne über die Richtigkeit der Beurteilung kein Beweis erhoben werden. Zudem befasse sich der Artikel insoweit mit dem Inhalt des Buches, nicht mit den Überzeugungen der Autorin, sodass nicht von einer Behauptung einer "inneren Tatsache" auszugehen sei.

Auch die Formulierung „die engagierte BDS-Aktivistin Adania Shibli“ hat das Gericht nicht verboten. Welche Handlungen erforderlich seien, um eine Person als „engagierten Aktivisten“ zu bezeichnen, sei wertungsabhängig. Als Anknüpfungstatsachen für diese Aussage bestünden auch die von der Autorin zugestandene Unterzeichnung der BDS-Kampagne gegen Auftritte der Band „Rolling Stones“ in Israel im Jahr 2007 und die Unterzeichnung eines offenen Briefes zugunsten der an BDS-Kampagnen beteiligten Autorin Kamila Shamsie im Jahr 2019.

RA Jony Eisenberg 23.11.2023

LG Hamburg, Beschl. v. 21.11.2023 - 324 O 477/23